AuslandESK-Freiwilligendienst

England und ich

Der Norden Englands hat es mir angetan. Nach neun Monaten als EVS (EFD) in Newcastle und zahlreichen Reisen nach Schottland und in den Norden war ich begeistert von der Landschaft und den Leuten.  Die Monate flogen dahin und bald schon ging es wieder ab nach Hause. Ich merkte, dass ich den Süden total vernachlässigt hatte und es wäre doch interessant gewesen zu wissen, wie unterschiedlich die Süd- und die Nordengländer wirklich sind. Gehört hat man ja schon Vieles von der „Nettigkeitskluft“, die sich wie eine Grenze durch die Insel zieht. Da war die Entscheidung für mich klar: Ich muss in den Süden!

Nach einem Jahr „England-Pause“ befand ich mich also wieder in einem Flieger in Richtung Insel. Für Vorarlberger ist der Flughafen in Memmingen dafür die optimale Anlaufstelle. Von Dornbirn aus kann man mit dem Allgäuexpress in ein bis zwei Stunden zum Flughafen gelangen (ich habe schlappe 5 Euro bezahlt). Falls die Abfahrtszeiten nicht mit deinem Flug übereinstimmen, gibt es zwei weitere Optionen: Ab Lindau gibt es eine Zugverbindung um ca. 19 Euro nach Memmingen, diese ist aber etwas zeitintensiver oder man fährt mit dem BlaBlaCar. Da viele Vorarlberger den Memminger-Flughafen benutzen, gibt es immer einige Angebote um ca. 4-6 Euro auf der App. Am Flughafen angekommen, ging es weiter mit einem Ryanair-Flieger nach London. Es gibt mehrere Angebote für den Transport vom Flughafen Stansted zur Hauptbushaltestelle „Victoria Station“ in London, der Preis ist aber generell der gleiche. Busse sind wie überall in England deutlich billiger als Züge. Wer noch nie in London war: Victoria Station ist das Buszentrum in London. Von dort bist du quasi mit jeder Stadt in Großbritannien vernetzt. Für mich ging die Busreise weiter nach Brighton.

In Brighton hatte ich die zwei ersten Nächte in einem Hostel gebucht, da ich den Anfang einer Reise gern geplant habe. Hostels in England haben meiner Meinung nach ein Super Preis-Leistungsverhältnis. Um 10 Pfund gibt’s eine Übernachtung inkl. Frühstück. Als ich in Brighton ankam, hat es geregnet wie in Strömen. Doch es sollte in meiner 2-wöchigen Reise der einzige regnerische Tag bleiben. Brighton ist in England bekannt als Gay-Capital UK, eine Studentenstadt, die als einzige Großstadt Englands eine grüne Regierung hat und als „the happiest place to live in the UK“ bezeichnet wird. Der zweite Tag begann früh, denn ich bin mit einem großen Ziel nach Brighton gekommen – die Seven Sisters zu sehen. Die Seven Sisters ist eine Kette von sieben Kalksteinklippen. Auf Google Maps habe ich gesehen, dass es nicht so weit sein konnte, und ich war mir ziemlich sicher, dass ich nicht die Einzige sein werde, die diesen Weg an einem so sonnigen Tag einschlagen würde. Falsch gedacht. Einheimische, die ich gefragt habe, mit wie viel Zeitaufwand ich ungefähr zu rechnen hätte, rieten mir,  größtenteils den Bus für zwei Stunden zu nehmen, es wäre viel zu weit. Aber ich ließ mich  nicht davon abbringen, denn aus diesem Grund war ich ja gekommen! Also fing ich an, an der Küste entlang zu marschieren. Auf dem ganzen Weg kamen mir nur gelegentlich ein paar Einheimische entgegen und ich war zuerst noch froh, gelaufen zu sein. Man könnte diesen Tag als einen meiner schönsten bezeichnen. Sechs Stunden ohne wirkliche Pausen und ohne Gefühl, wie lange es noch gehen könnte, bin ich dem Meer entlang auf einem Wiesenpfad gelaufen (begleitet von einem ziemlichen Sonnenbrand) und plötzlich waren sie da, die Seven Sisters, atemberaubend schön!

Der dritte  Tag war schon mein letzter in Brighton und es war an der Zeit, die Stadt genauer zu erkunden. Wie eigentlich jede englische Stadt kann man Brighton gut zu Fuß erkunden und nach anfänglichem Dahinschlendern nahm ich schlussendlich an einer Walking Tour teil, um  mehr über die Geschichte Brightons zu erfahren. Brighton ist definitiv eine Reise wert. Es gibt keine andere Stadt, die eine so hohe pro Kopf-Quote an Pubs aufweisen kann als diese Küstenstadt. Das soziale abendliche Leben wird also voll ausgekostet.

Meine zweite Station war Portsmouth, da ich dort eine Unterkunft in einem Airbnb gefunden hatte. Von Portsmouth hatte ich vor meinem Besuch absolut keine Vorstellungen und kein Vorwissen. Wie ich feststellen musste, ist die Stadt das komplette Gegenteil von Brighton. Eine Stadt, die von Touristen nicht überflutet wird und sich über die Royal Navy definiert, doch trotzdem mit genauso viel Charme. Er ist nur mehr versteckt. Zufälligerweise stieß ich auf ein Festival, zu dem Tanzgruppen aus ganz England angereist waren. Die Tanzgruppen bestanden hauptsächlich aus Senioren, die z.B. die Holzarbeiter in Wales oder die Wollarbeiterinnen aus Südengland präsentierten und mit voller Leidenschaft in ihren Kostümen tanzten und mir davon erzählten. Das Leben Portsmouths spielt sich vor allem entlang der Küste ab. Die Stadt gilt als der größte Navy-Standort Englands seit der Regierung König Heinrich VIII. Bei meinem Spaziergang entlang der Küste kam ich an unzähligen Denkmälern, Burgstützpunkten etc. vorbei. Als eine Touristenattraktion gilt der Spinaker-Tower. Ein Aussichtsturm, der die 10 Pfund Eintritt eindeutig wert war.

Eigentlich hatte ich geplant, den nächsten Tag wieder abzureisen, doch ich hatte mir eine schlechte Woche für Couchsurfing ausgesucht, da es die erste Ferienwoche der StudentInnen war. Auf den letzten Drücker hatte ich dann doch noch eine Couch in Portsmouth gefunden und da es mir gut gefallen hat, kam es mir  gerade recht, doch noch mehr Zeit hier zu verbringen.

Mein drittes Reiseziel war Oxford und somit eine Stadt, die wieder unvergleichbar mit den zwei anderen ist. Eine Stadt, genauso wie wir Touristen uns England und EngländerInnen vielleicht vorstellen. Die Universitäten- Stadt, die alle Vorurteile und Vorstellungen über England meines Erachtens erfüllt und die dir das Geld ein bisschen mehr aus der Hosentasche zieht. Empfehlenswert ist auf jeden Fall die Free Walking Tour durch Oxford, da die Stadt so viele interessante Geschichten schreibt und Persönlichkeiten hervorgebracht hat wie sonst vielleicht keine andere. Oxford hat auf jeden Fall etwas Magisches und ich muss zugeben, dass ich mich selber im Park mit einem Jane Austen Roman in der Hand wiederfand.

Nach einer Woche des Alleine-Reisens, mit vielen interessanten Begegnungen mehr im Gepäck, ging es für mich doch wieder in den Norden, in die alte Heimat. Dort konnte ich bei einem Freund unterkommen und wir hatten uns vorgenommen, alle Dinge zu tun, die wir das vorletzte Jahr nie geschafft hatten wie z.B. im Meer baden zu gehen oder seine Familie im tiefsten County Durham zu besuchen. Ohne Grund verschlägt es einen wahrscheinlich nie dorthin, würde ich fast behaupten, denn County Durham ist das Ländlichste von Ländlichsten. Die Landschaft ist atemberaubend schön. Von Newcastle aus mussten wir drei Mal mit dem Bus umsteigen, um unsere Wanderung starten zu können. Ich habe an einem Tag noch nie so viele Schafe und Wildhasen gesehen. Die Wanderung dauerte den ganzen Tag und ca. alle 500 Meter kamen wir an einem  Steinhäuschen oder an einem verschlafenen Dörfchen vorbei. Die Zeit hier schien anders zu ticken als sonst irgendwo. Als wir endlich bei dem Familienhaus meines Freundes ankamen, waren wir doch froh, dass wir eine Mitfahrgelegenheit zurück hatten.

Den Rest der Woche verbrachte ich hauptsächlich in Newcastle, besuchte Freunde und genoss die Pub- Kultur Englands. Anders als in Österreich muss man in England nicht nach Live-Musik suchen. In jedem zweiten Pub wird aufgespielt und an den Wochenenden findet immer mindestens ein Musikfestival statt, das durch freiwillige Spenden mitfinanziert wird. Auch Museen und Ausstellungen sind in England kostenfrei zu besuchen und somit lässt sich der Tag leicht planen, ohne dabei viel Geld ausgeben zu müssen.

Die Rückfahrt nach Vorarlberg war ein bisschen mühsamer, da der Ryanair-Flug schon um sieben Uhr in der Früh startet und somit nicht viel Zeit bleibt, um von der Stadt zum Flughafen zu kommen. Außerdem sind die Flughafenhostels überteuert. Ich habe mich dazu entschlossen, den letzten Bus von London um ein Uhr zu nehmen und die Nacht am Flughafen zu verbringen. Mit meiner Idee war ich nicht alleine. Unzählige Reisende hatten den Warteraum als Schlafplatz benutzt und schlussendlich war es eine ganz spannende Erfahrung.

Mein Fazit: Der Süden Englands hat einiges zu bieten und war eine Reise wert, aber im Herzen werde ich immer ein Nordmädchen bleiben.

Tipps für England

Transport: Züge in England sind privatisiert und somit sehr teuer. Falls man dennoch mit dem Zug fahren möchte, sollte man schon 2-3 Monate vorher buchen, da die Preise von Tag zu Tag steigen. Eine gute Homepage für billige Verbindungen ist Trainline.

Das Fernbussystem in England ist meines Erachtens dafür umso besser ausgebaut. Die zwei großen Busunternehmen sind National Express und Megabus. Bei Megabus kann man Tickets für 1 Pfund ergattern. Es ist also mega günstig. Man sollte jedoch mehr Zeit einplanen, da es oft zu  Busverspätungen kommt. National Express ist ein bisschen teurer, doch noch besser vernetzt und meiner Erfahrung nach pünktlicher.

Übernachtungen:

Für den Hostelbesuch sind FlipFlops immer ein Must-have. Außerdem ist ein Schloss immer sehr praktisch, um die Sachen zu verschließen. Auch eine Bauchtasche für die wertvollsten Dinge ist immer wieder nützlich, um sie vor nächtlichen Langfingern zu schützen.

Auf dieser Reise habe ich Hostels, Couchsurfing und Airbnb benutzt und ich muss sagen: Die Mischung macht‘s. Während man in Hostels unglaublich viele andere Reisende kennenlernt, liegt der Fokus des Couchsurfings eher darauf, Einheimische und das reale Leben in den Städten kennenzulernen. Ein Minuspunkt beim Couchsurfen ist, dass du sehr vom Host abhängig bist, da du selber keinen Schlüssel bekommst. Am meisten Privatsphäre kann man in einem Airbnb genießen, dafür ist es aber etwas teurer.