Ausland

I worked away in Scotland – Manchmal kommt einem das Leben einfach entgegen.

Dieses Gefühl hatte ich schon oft, wenn ich an der Umsetzung eines Traums von mir arbeitete und dann plötzlich die passende Gelegenheit um die Ecke kam. Als sich mein Freiwilligendienst in Spanien dem Ende zuneigte, wollte ich unbedingt eine Möglichkeit finden, um bald nach meiner Rückkehr wieder ins Ausland zu können. Wenn man einmal richtig mit dem Reisen anfängt, kann man nur schwer wieder damit aufhören. Mit „richtig reisen“ meine ich nicht diese Kurzurlaube, bei denen du von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten rennst und kaum mit den Einheimischen in Kontakt kommst. Ich meine die Art von Reisen, bei denen du ein anderes Land und seine Menschen wirklich kennenlernst.

Mir war also klar, was ich wollte. Aber ein großes Problem war damit nicht gelöst, und zwar das „Wie“. Man hat nicht so viel Geld auf der Seite, wenn man Freiwilligenarbeit macht. Doch dann stieß ich glücklicherweise auf die Plattform workaway, während ich noch in Spanien war. Auf workaway gibt es eine internationale Community, die aus Gastgebern und Reisenden besteht. Die Gastgeber sind Privatpersonen, die bei irgendwas nach Helfern suchen. Dabei kann es um alles Mögliche wie Farmarbeit, Kinderbetreuung oder Sprachenlernen gehen. Oftmals können sie es sich nicht leisten, jemanden dafür einzustellen und deshalb suchen sie auf workaway nach Freiwilligen. Im Gegenzug können die Reisenden ein Land besuchen, das sie immer schon sehen wollten, denn Gastgeber gibt es fast überall. Dazu können sie da umsonst wohnen und bekommen meistens auch Verpflegung oder Essensgeld. Der Aufenthalt kann von wenigen Wochen bis zu mehreren Monaten dauern. Ein workaway-Account kostet 36 € im Jahr für Reisende.

Für mich war schnell klar, was mein nächstes Ziel sein sollte: Schottland. Ein Ort, der mich schon immer fasziniert hatte. So kam es, dass ich einen Monat, nachdem ich wieder zurück in Vorarlberg war, gleich weiterzog. Dieses Mal aber nicht allein, denn mein Freund Leon und ich hatten den Job zusammen bekommen. Das ist auch eine Funktion, die mir an workaway sehr gefällt: Man kann Partneraccounts erstellen mit einem Menschen, mit dem man gerne zusammen reisen würde. Oder es gibt auch die Möglichkeit, zwei bestehende Accounts zu verbinden, aber wir haben uns für Ersteres entschieden, was 48 € im Jahr kostet.

So landeten wir gefühlt am Ende der Welt, in einem kleinen Dorf in der Nähe der Nordküste namens Ullapool. Es war ein sehr besonderes Fleckchen Erde. An die 1.500 Einwohner leben dort am Loch Broom, umgeben von Bergen. Das Dorf ist wie eine eigene kleine, aber dennoch autonome Welt. Sie haben ihre eigene Zeitung namens „Ullapool News“, in denen man immer erfährt, was so gerade vor sich geht und welche Events stattfinden. Für Musikliebhaber ist Ullapool genau der richtige Ort, denn es gibt jede Woche Livemusik in den Pubs und Restaurants, außerdem marschiert jedes Wochenende eine Band durch das Dorf, die typisch schottische Musik spielt in genau der Bekleidung, in der man sich einen Schotten vorstellt. Man findet so gut wie alles, was das Herz begehrt in den vielen kleinen Läden, sogar Touristen werden bedient durch Souvenirshops. Ein Hotel sucht man in Ullapool vergeblich, aber gefühlt jedes dritte Haus ist ein Bed & Breakfast. In einem davon haben Leon und ich für knapp drei Wochen gearbeitet.

Unsere Gastgeber waren ein sympathisches altes Ehepaar namens Simon und Eileen. Neben ihrem B&B haben die beiden einen großen Garten und ein paar Tiere. Der ganze Aufwand, der damit verbunden ist, ist für sie mittlerweile etwas zu viel, weshalb sie sich Freiwillige aus aller Welt zu sich holen. An manchen Tagen war die Arbeit anstrengend, aber meistens war sie ganz angenehm. Leon und ich arbeiteten nie länger als sechs Stunden am Tag. Der Hauptteil unserer Arbeit bestand darin, uns um das B&B zu kümmern, also: Betten beziehen, Zimmer putzen und Laken waschen. Im Garten packten wir ebenfalls ordentlich mit an und gruben Felder um, rupften Unkraut, pflanzten Lauch und ernteten Beeren. Manchmal gab es auch außergewöhnliche Dinge zu tun wie etwa ein Kabel verlegen, alte Möbel polieren oder unsere Hütte renovieren. Die Hütte war unsere Unterkunft, schlicht, aber sehr gemütlich. Darin hatten wir Strom, WLAN, eine kleine Küche und oftmals auch die Gesellschaft einer grauen Katze.

Wir verstanden uns sehr gut mit unseren Gastgebern Simon und Eileen. Auch wenn wir verschiedenen Generationen angehörten, konnten wir gut miteinander über die verschiedensten Dinge reden und diskutieren. Außerdem gaben sie sich Mühe, dass wir unseren Aufenthalt in Ullapool genossen: Sie gaben uns Tipps, was wir an den Wochenenden in Ullapool und in der Gegend unternehmen könnten und nahmen uns hin und wieder auf Events mit, zum Beispiel gingen wir in der ersten Woche auf ein kleines Konzert mit guter Musik, die uns so überzeugte, dass wir der Band sogar zwei CDs abkauften.

Unsere Freizeit verbrachten Leon und ich häufig in der Natur. Die Gegend um Ullapool herum eignet sich bestens zum Wandern oder Radfahren. Am meisten genossen haben wir das Panorama an einem besonders sonnigen Tag (von denen es in Schottland nicht viele gibt), als wir mit Simons Ruderboot raus auf den See fuhren. Ein Lieblingspub für die Abende an den Wochenenden hatten wir auch schnell gefunden (mit regelmäßiger Livemusik natürlich). Wir hatten es auch geplant, Ausflüge weiter weg von Ullapool zu machen, aber die ließen sich leider nicht umsetzen. Der Grund dafür ist, dass es kaum öffentliche Verkehrsmittel in den Highlands gibt. Man ist ziemlich darauf angewiesen, dass ein Fremder einen im Auto mitnimmt. Ich kann hier leider niemandem versprechen, dass das immer gut funktioniert. Zwei Mal hatten Leon und ich großartige Erfahrungen mit Trampen gemacht und einmal eine furchtbare, wo wir zwei Stunden am Straßenrand warteten und niemand anhielt. Mein Rat wäre, es auf jeden Fall zu versuchen, da die meisten Schotten sehr freundlich und offen sind, aber am besten ist es, wenn man dabei mit seinen Plänen flexibel bleibt.

Ich kann workaway jedem Abenteurer empfehlen, der gerne für längere Zeit ins Ausland und dabei das Land sowie die Einheimischen kennenlernen möchte.

aha-Tipp

In unserer aha Home Edition – welt weit weg erzählen Jugendliche von ihren Auslandserfahrungen und ihren Erlebnissen bei Weltreisen oder beim ESK-Freiwilligendienst. Alle Termine findest du unter www.aha.or.at/aha-home-edition-wwweg