Stell dir vor: Nach einem anspruchsvollen, aber schönen Tag im Garten kühlst du deinen von der Sonne geküssten Körper, umgeben von Blumen, Salat, und Kräutern ab. Natürlich benützt du eine Seife, die naturbelassen ist und du beginnst, dich zu entspannen…
Seit September 2020 wohne ich nun in Castres, im Süden von Frankreich. Hier hergekommen bin ich, um einen ESK-Freiwilligendienst im Projekt „Les Ateliers“ zu machen. Davor habe ich die FW-Bludenz besucht und anschließend zwei Jahre in verschiedenen Restaurants als Jungköchin gearbeitet. Für den ESK-Freiwilligendienst habe ich mich kurzfristig im Juni 2020 entschieden, nachdem ich ziemlich unglücklich mit meinem Berufsleben war. Ich konnte mich nicht mehr mit mir selbst und meiner Lebensweise identifizieren.
Dass diese Reise ins Ungewisse mein Leben komplett auf den Kopf stellen würde, wusste ich im Juni 2020 noch nicht. Ich habe hier meine Motivation (wieder)gefunden, ein umweltbewusstes und nachhaltiges Leben zu führen.
Aus Alt mach Neu
Durch meine Arbeit in der „Recyclerie“, in der wir zum Beispiel alten Möbelstücken ein neues Leben schenken, indem wir sie renovieren und „upgraden“, habe ich realisiert, dass man nicht sofort zu Ikea (keine Werbung) rennen muss, wenn man ein neues Bett oder Regal braucht.
Eine kleine Challenge: Das nächste Möbelstück, dass du benötigst, könntest du ja günstig secondhand kaufen und selber bemalen oder umbauen. Dazu gibt es auf Plattformen wie YouTube oder Instagram ganz einfache Anleitungen und wer weiß, vielleicht entdeckst du ja ein neues Hobby J .
We are what we eat
Neben meiner Arbeit in der Recylerie gehört zu Les Ateliers auch ein Restaurant, in dessen Küche wir ausschließlich mit lokalen Bio-Lebensmitteln arbeiten, soweit es möglich ist. Der Fünf-Minuten-Spaziergang zum Markt am Samstagmorgen gehört mittlerweile schon zu meiner Routine. Der Wochenmarkt ist nicht nur super, um günstiger als im Supermarkt tolle Bio-Lebensmittel einzukaufen, sondern auch ein kurzer Plausch mit Freunden und Bekannten bei einem Coffee-to-go ist drinnen. Mit den Produzenten und Bauern direkten Kontakt zu haben ist ein guter Austausch für beide Seiten: Du kannst erfahren, wie deine Karotten oder deine Erdbeeren wachsen und du kannst dir sicher sein, dass in deinem Apfelsaft keine ungesunden Zusatzstoffe drinnen sind. Auf der anderen Seite ist es als Metzger, Senner, oder Gemüsebauer immer toll, direktes Feedback zu bekommen. Die Preise sind auf den Wochenmärkten deshalb niedriger, weil keine Zwischenhändler bezahlt werden müssen und das Produkt direkt vom Produzent an den Konsumenten gelangt.
Mutter Natur
Nebenbei arbeite ich freiwillig auch noch bei einem befreundeten Paar auf dessen Farm, um meinen Wissensdurst zum Thema Agrikultur und Mutter Natur zu stillen. Mein Lieblingsprojekt ist eindeutig nicht das Kartoffelfeld umgraben, sondern die „Greenshower“. Bei einem gemütlichen Lagerfeuer am Abend kam uns die tolle Idee, eine Dusche im Gewächshaus zu installieren. Da die vielen Gartenschläuche im Sommer den ganzen Tag von der Sonne angestrahlt werden, ist das Wasser am Abend angenehm und warm. So haben wir beschlossen, ein paar Steinplatten auf eine Palette zu legen, einen Duschvorhang aufzuhängen und voilà: Schon steht die energiesparende Dusche. Danach noch gemütlich die Zwiebeln tränken und entspannt in den Abend träumen…
Das alles ist zwar körperlich anspruchsvoll, aber das Gefühl, das du hast, wenn du anfängst, bewusst und ressourcenschonend zu leben, ist als warm und zufriedenstellend zu beschreiben. Außerdem sparst du dir Geld fürs Fitnessstudio und kannst dann dein Erspartes in einen Workshop für selbstgemachte Seifen und Beautyprodukte investieren.
Was kann ich bewirken?
Grundsätzlich kann ein einzelner Mensch nicht so einfach die Welt verändern, wie ihr bestimmt wisst. Ich persönlich versuche den Menschen in meinem Umfeld bewusst zu machen, wie wichtig es ist so nachhaltig und natürlich wie möglich zu leben und warum unser Handeln alles beeinflussen kann. Wenn man an so einem Lebensstil interessiert ist, gibt es verschiedene Möglichkeiten sein Leben bewusster zu gestalten.
Freiwilligenarbeit
Auf diesen Internetseiten werden verschiedene Projekte angeboten, wobei du dir die Dauer selbst aussuchen kannst. Speziell die Idee von WWOOFing gefällt mir besonders. Das ist ein weltweites Netzwerk, das Menschen zusammenbringen will, die ein naturverbundenes Leben führen oder kennenlernen wollen.
Also könntest du zum Beispiel deinen nächsten Urlaub auf einer organischen Farm in Spanien verbringen. Nach der Arbeit kannst du die nächste Stadt besichtigen oder dich einfach mit den anderen Freiwilligen austauschen und entspannen. Bei solchen Projekten ist so gut wie immer für Unterkunft und Verpflegung gesorgt, also auch eine tolle Gelegenheit speziell für junge Menschen, die zur Schule gehen oder studieren und nicht viel Geld ausgeben wollen.
Ende gut, alles gut.
Wenn sich der ein oder andere nun motiviert fühlt, etwas verändern zu wollen und bewusster zu leben, beginnt euch einfache Ziele zu setzen, wie zum Beispiel: Anstatt zu H&M einkaufen zu gehen, mal einen Kleidungstausch mit einem/einer Freund*in zu machen oder einfach einen Secondhandshop besuchen. Meine aha-Momente in den letzten Tagen waren zum Beispiel, dass man auch nur einen halben Geschirrspültabs verwenden kann und das Geschirr wird genau so sauber. Reduce.Reuse.Recycle;-)